Dolphins on Ice: Was macht die Temperatur mit dem Spiel der Chiefs?
Mehr als-15 Grad Celsius werden am Samstagabend im Arrowhead Stadium erwartet. Was bedeutet das für das Spiel gegen die Dolphins und die Siegchancen?
Das kälteste Spiel der NFL-Geschichte fand am 31. Dezember 1967 in Wisconsin statt. Die heimischen Green Bay Packers trafen im NFL Championship Game auf die Dallas Cowboys bei -13 Grad Fahrenheit (-25 Grad Celsius). Der Gegner durfte im zweiten Super Bowl überhaupt den Liga-Champion ausspielen. Die Presse gab dem Spiel den prägnanten Namen “Ice Bowl” und die Packers-Fans waren siegesgewiss gegen die Spieler aus Dallas, die deutliche höhere Temperaturen gewöhnt waren.
Doch trotz einer 14-0-Führung kamen die Cowboys zurück und waren nur Minuten vor dem Ende mit 17-14 vorne. Im letzten Drive war der Boden vor der Endzone so vereist, dass das Laufspiel keinen Erfolg brachte. Also versuchten die Packers mit ihrem legendären Coach Vince Lombardi einen QB-Sneak. Dafür konzentrierten sich Center und Guard der Packers darauf den Dallas-Verteidiger Jethro Pugh aus dem Spiel zu nehmen und Packers-QB Starr hechtete in die Lücke zum Sieg-Touchdown. Einige Tage später krönten sich die Packets zum Super-Bowl-Champ.
Das kälteste Spiel der Franchise-Geschichte?
Ganz so kalt wie in Green Bay wird es am Wochenende nicht, aber mit fünf Grad Fahrenheit zum Spielstart wären wir laut aktueller Vorhersage auch schon bei -15 Grad Celsius. Die kalten Temperaturen ändern die Art, wie Football gespielt wird dramatisch, weil der Boden unangenehmer ist, die Tackles mehr wehtun und der Luftdruck des Balles nachlässt und schwerer zu fangen und weit zu werfen ist.
Für die Dolphins wird das Duell am Samstag sehr wahrscheinlich die kälteste Partie der Vereinsgeschichte: Der aktuelle Rekord für das Team aus Miami ist ein Spiel in Kansas City in 2008. Damals zeigte das Thermometer zu Spielbeginn zehn Grad Fahrenheit an (-12 Grad Celsius) und damit nochmal deutlich mehr als aktuell zu erwarten ist. Die Chiefs haben 1983 bei 0,5 Grad Fahrenheit (-15 Grad Celsius) gespielt. Wenn die Temperaturerwartung weiter fällt ist durchaus denkbar, dass der Rekord auch fällt.
Unser Podcast zur Vorbereitung auf das Dolphins-Spiel:
Was ist anders in der Kälte?
Der Ball: Die Luft im Ball reduziert sich bei Minusgraden um bis zu 20 Prozent. Daher muss der Luftdruck nicht im Warmen, sondern in den kalten Außentemperaturen gemessen werden. Ansonsten droht das nächste Deflategate.
Die Hände: Nach knapp 15 Minuten in der Eiseskälte lässt die Kraft der Hände massiv (bis zu 50 Prozent) nach und erschwert es, den Ball festzuhalten. Dadurch erhöht sich die Gefahr von Drops und Fumbles deutlich. Eine Studie aus dem Jahr 2016 hat ermittelt, dass die Anzahl an Turnovers in NFL-Spielen bei unter -12 Grad Celsius um 52 Prozent steigt. In Kansas City ist es Samstagnacht noch etwas kälter.
Die Atmung: Die kalte Luft ist eine Belastung für die Atemwege – es ist schwerer Luft zu holen und die Muskeln werden härter. Insgesamt dauert es dadurch länger die Muskeln aufzuwärmen, die so nicht so effektiv funktionieren und eher zerren oder reißen. Die Verletzungsgefahr steigt.
Die Körpertemperatur: Die niedrigere Körpertemperatur sorgt dafür, dass der Körper bis zu fünfmal mehr Energie (bzw. Glukose) verbraucht. Dadurch wird zum Beispiel die Ausdauer reduziert und es fehlt die Kraft, um gerade am Spielende alle Plays mit vollem Einsatz umzusetzen. Gerade für die Linemen auf beiden Seiten ein riesiges Problem.
Die Leistung: Die Teams schaffen in kälteren Temperaturen normalerweise weniger Yards pro Spiel. Schon ab zehn Grad Celsius reduziert sich die Yard-Anzahl um bis zu fünf Prozent. Je kälter es wird, desto weniger Strecke legen die Teams auf dem Feld zurück.
Der Ball in der Luft: Ob geworfen, gekickt oder gepuntet – der Ball fliegt in der Kälte kürzer als in warmen Gefilden. Das liegt primär am niedrigeren Luftdruck.
Punkte auf dem Scoreboard: Auch die Punkte der Teams werden weniger. Bei warmen Verhältnissen erzielen NFL-Teams ca. 44 Punkte pro Spiel, bei 4 Grad Celsius sind es etwa 42,5 Punkte, bei -1 Grad Celsius nur noch 41 Punkte und bei -10 Grad Celsius sind es weniger als 39 Punkte.
Ist das ein Vorteil für die Chiefs?
Das ist die größte Frage um diese extremen Wetterbedingungen. Die Statistiken sprechen auf jeden Fall für Kansas City. Von den letzten zehn Chiefs-Heimspiele mit Temperaturen unter 4 Grad Celsius hat das Team neun gewonnen. Von den vier Playoffspielen sogar alle vier. Ganz anderes sieht es bei den Dolphins aus: Sie sind statistisch das schlechteste Team in kaltem Wetter. Die letzten zehn Spiele unter 4 Grad Celsius haben die Dolphins allesamt verloren. Aber nicht genug: Die zehn Spiele haben die Dolphins mit durchschnittlich 17 Punkten Unterschied verloren.
Und auch für den Quarterback Tua Tagovailoa sieht es nicht rosig aus: Er ist 0-4 in Spielen unter 7 Grad Celsius. Auch seine Leistungswerte in den vier Spielen sind desaströs: Sein Passer Rating lag bei nur 71,8 (Karrieredurchschnit: 97,1) und seine Pass-Completion-Rate war bei 55,5 Prozent. (66,9%). Es reichte dabei in allen vier Spielen nur für vier Touchdown-Pässen bei fünf Interceptions.
Auch problematisch: Die Dolphins können sich auf die Umstände überhaupt nicht vorbereiten. Während die Chiefs-Spieler in der Kälte trainieren und verstehen, was das für den Körper, das Spielgerät und den Boden bedeutet, hat es in Miami angenehme 23 Grad Celsius. Sogar in der Halle können die Klimaanlagen vielleicht 15 Grad simulieren – weit weg von der Kälte im Arrowhead.
Sogar bei einem Sieg gegen die Chiefs würde es als nächstes wahrscheinlich nach Buffalo gehen, zu ähnlichen Temperaturen und dem Gegner, der die Dolphins in den letzten Jahren fünf Mal zuhause in der Kälte besiegt hat. Traumhafte Aussichten!
Wie gut ist Patrick Mahomes in Schnee & Eis?
Mahomes selbst hat in der Vergangenheit gesagt, dass er ein “Snow Guy” ist und es liebt im Schnee zu spielen. Ein gutes Beispiel seiner Qualität in kalten Bedingungen ist das Playoff-Spiel gegen die Tennessee Titans 2020 vor seinem ersten Super Bowl. Am Spielbeginn waren es knapp -7 Grad Celsius setzten sich nach frühem Rückstand mit 35-24 durch und zogen ins Endspiel ein.
Wichtigster Leistungsträger? Mahomes mit drei Touchdown-Pässen, einem Touchdown-Run, 294 Passing-Yards, 53 Rushing Yards und keiner Interception. Wichtigster Receiver war damals übrigens Sammy Watkins mit 114 Yards und sieben Receptions. Travis Kelce hatte nur 30 Yards bei drei Catches.
Was sagen die Spieler und Coaches?
Während in Kansas City die Spieler vorsichtige Zuversicht ausstrahlen, ist Coach Reid sehr verhalten. So erinnerte sich RT Jawaan Taylor an ein Duell mit seinen damaligen Jaguars gegen die Chiefs im kalten Arrowhead: “Es ist absolut ein Vorteil. Es war sehr kalt für uns – und keiner war daran gewöhnt. Es ist ein riesiger Vorteil für Teams aus der Kälte.” Andy Reid hingegen drückt auf die Euphoriebremse: “Ich glaub darauf kannst du dich nicht verlassen. Dann hast du schon verloren. Die Jungs aus Miami sind ziemlich standhaft, also müssen wir bereit sein.“
Mahomes hingegen freut sich einfach auf das Duell: “Ich komme aus Texas, da gibt es Spiele in solchen Temperaturen nicht. Aber ich genieße das sehr. Es ist cool in einem Stadion bei der Kälte zu sein – das weißt du, dass es echter Football ist, den du spielst.“ Von Tom Brady hatte er vor einigen Jahren gelernt, dass es hilft einen Neoprenanzug unter dem Trikot zu tragen – damit ist es zumindest nicht ganz so beißend kalt, auch wenn die Beweglichkeit etwas abnimmt.
Ich sehe es nicht wirklich als vorteil. Auch wir sind solche Temperaturen nicht gewöhnt und die ganzen Statistiken betreffen kaum spieler, die bei diesen Spielen schon bei uns waren🤷🏻♂️
Ich habe eher Angst, dass die drop rate noch katastrophaler wird 😐
17-14, Go Chiefs!