Wieso sich Mahomes so schwertut
Was sind die Gründe für die Unsicherheiten von Patrick Mahomes aktuell?
Gestern im Podcast haben Marius & ich lange darüber gesprochen, dass Patrick Mahomes nicht mehr der Quarterback zu sein scheint, den wir aus den ersten Jahren kennen. Er macht in den letzten Spielen leichtsinnige Fehler, wirft absurde Interceptions und wirft nur noch ganz selten den Ball wirklich tief. Oft wirkt es auch so, als ob er seinen Receivern mit wenig Ausnahmen nicht wirklich vertraut. Ich hab mich heute damit im Detail auseinandergesetzt und möchte meine Erkenntnisse mit euch teilen.
Die aktuelle Podcast-Folge:
Was ganz wichtig ist: Dieser Mann hat in den letzten zwei Jahren zwei Super Bowls gewonnen und ist die dominante Figur der NFL. Patrick Mahomes ist nicht schlechter geworden als 2018/19 oder 2019/20 als die Liga verzückt hat und das Internet mit unfassbaren Aktionen regelmäßig zur Eruption gebracht hat. Mahomes ist smarter geworden, geht weniger Risiko und ist verlässlicher erfolgreich geworden. Das führt zu weniger Wow-Momenten, aber auch zu weniger Fehlern, geringerem Verletzungsrisiko und macht es Gegnern schwerer ihn zu kontern.
Wir erinnern uns alle noch an die Momente, wenn gegnerische Defensive-Coordinators Mahomes mit zwei tiefen Safeties die Option Tyreek Hill genommen haben oder die schwache O-Line die Chiefs-Offense zu einem Laufspiel gemacht haben. Der heutige Mahomes kann mit all solchen taktischen Aktionen gut umgehen und kennt Lösungen. Die sind oft unsexy, aber effektiv. Außerdem braucht er dank der starken Defense meist gar nicht so viel Risiko gehen, weil er den Ball ziemlich schnell wieder in den Händen hält. Auch das ändert sein Spielansatz.
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Die aktuelle Situation ist aber anders
In der letzten Saison war die Receiver-Situation für Mahomes ein richtiges Problem. Er machte weit weniger falsch als es aussah, weil Receiver wie Skyy Moore, Kadarius Toney oder Richie James die Bälle nicht festhalten konnten, falsche Routen liefen oder den Ball fallen ließen. Mahomes war gar nicht enttäuscht, sondern versuchte Lösungen zu finden, die in den Playoffs dann meist Rashee Rice, Isiah Pacheco und Travis Kelce hießen. Allen anderen Receivern vertraute er nur bei sehr sicheren Pässen.
Diese Saison sollte alles besser werden: dank Hollywood Brown und Xavier Worthy als zusätzliche Passstationen. Durch die Verletzungen von Brown, Pacheco und Rice wir auch das in den kommenden Wochen schwierig, aber wer Mahomes in den ersten vier Spielen gesehen hat, der wird wahrgenommen haben, dass da mehr ist. Er wirkt unsicher, wirft merkwürdige Fehlwürfe und sieht teilweise offene Receiver einfach nicht. Was ist bitte los?
Spiel #1 war gut, die Leistung gegen die Bengals nicht
Im ersten Spiel gegen die Baltimore Ravens war die Leistung von Mahomes grundsätzlich gut, aber er hatte einige merkwürdige Würfe drin. Wenn er auf die vertrauten Mitspieler wie Kelce, Rice, Justin Watson oder Juju Smith-Schuster wirft, traf er meist die Brust seines Receivers und brachte perfekte Würfe an. Anders sah es bei Rookie Xavier Worthy aus: Da fehlte gegen die Ravens noch das Vertrauen und der Rapport. Mein Gefühl nach Spiel 1: Das muss sich noch finden und ist nur eine Frage der Zeit.
Doch nach dem knappen Erfolg im Auftaktspiel sahen wir gegen die Bengals einen anderen Mahomes. Zu Anfang des Matches bewegen die Chiefs den Ball ziemlich gut und hatten außer bei der Interception das Spiel im Griff. Mahomes hatte Zeit, Left Tackle Kingsley Suamataia konnte seinen Job machen und die Receiver fanden die Lücken in der Defense. Doch das änderte sich als Trey Henderson kurz vor der Halbzeit einen Weg fand den Rookie-Tackle buchstäblich auseinanderzunehmen.
Mahomes hatte plötzlich keine Zeit mehr, fühlte sich unsicher und lief mal wieder um sein Leben. In der zweiten Halbzeit hatte unser QB fast nie genug Zeit mal mehr als einen Read mitzunehmen, bevor er nach rechts laufen musste, um Zeit zu gewinnen oder den Ball kurz als Lateral abzugeben. Zusätzlich machte bei zwei Würfen eklatante Fehler und warf den Ball zu kurz. Eine der beiden Interceptions wurde zurückgerufen, die andere tat richtig weh. Ob diese Fehler mit dem Unwohlein in der Pocket zu tun haben oder es Probleme mit den Routen oder der Chemie gab, werden wir wohl nicht mehr herausfinden.
Wichtig ist sowieso, dass Mahomes im letzten Drive mit dem entscheidenden Fieldgoal wieder aussah, wie der Superstar, den wir in den letzten Jahren kennengelernt haben. Er sah im ganzen Spiel eher wie die menschliche Variante von sich aus und drehte dann den Superhelden-Modus erst auf, als es darauf ankam. Solche Matches gab es jedes Jahr und war für mich vor zwei Wochen noch kein Grund zur Sorge. Am Ende hatten wir das Ding ja auch gewonnen.
Die Probleme gegen die Falcons
Das außergewöhnliche an Mahomes über die Jahre ist, dass er Fehler unglaublich schnell löst. Von einer Woche zur nächsten kriegt er seinen Wurf repariert, tritt anders aus und löst Aufgaben der gegnerischen Defensive deutlich entspannter. Daher kann man im nächsten Spiel meist eine grundveränderte Situation erwarten. Doch so einfach ist es diese Saison scheinbar nicht…
Denn gegen die Falcons in Spiel 3 der Spielzeit tat sich Mahomes wieder schwer. Eine Vielzahl an ungenauen Pässen aus der Pocket waren wieder höchst ungewöhnlich und stehen meist für ein grundsätzliches Problem. Unser Star-Quarterback nahm verschiedene Würfe, wo er keinen guten Stand hatte und keine Power im Oberkörper. Mahomes war durchgängig in der Lage Würfe zu nehmen, die aus absurden Situation entstanden, aber auch er verliert Genauigkeit, wenn er nicht ordentlich steht oder sich noch bewegt. Und genau das führte in Woche 3 der Saison zu massiven Unsicherheiten.
Gleichzeitig ist die Offensive Line auch mit Wanya Morris kein Geschenk. Die Pocket hält nicht so stabil, wie wir uns das wünschen würden und die O-Line kommt Mahomes oft unangenehm nah, so dass er verrückte Sachen probiert, um erfolgreich zu sein. So, wie zum Beispiel bei diesem Wurf:
Was wie ein relativ entspannter Wurf aussieht, wird durch den Schritt nach vorne deutlich anspruchsvoller und ist im Ergebnis nicht gut. Der Ball landet hinter Juju, der es nicht schafft ihn festzuhalten.
Was sehen wir also in den ersten drei Spielen: Patrick Mahomes fühlt sich nach Problemen mit der O-Line nicht wohl in der Pocket, nimmt Würfe ohne festen Stand und hat neben Kelce, Rice und Pacheco noch wenig Vertrauen in seine Receiver. Für mich sind das Probleme, die Zeit brauchen. Die Offensive Line muss sich einspielen und die Probleme von Suamataia und Morris zum Teil sind eine Zeitfrage. Möglicherweise wäre es mit einem Veteran als Left Tackle entspannter.
Kritischer ist die Situation auf Wide Receiver. Die Verletzungen senken die Qualität der Gruppe und Mahomes braucht scheinbar Zeit und Vertrauen, damit seine Würfe so ankommen, wie wir das gewohnt sind. Mit den Ausfällen der letzten Wochen könnte das ein echtes Thema werden. Ein Neuzugang, der fremd mit dem System und Mahomes ist, wäre auch etwas, das Zeit braucht. Daher lieber schnell jemanden finden, als jetzt noch lange abzuwarten.
Und was war das gegen die Chargers?
Die gute Nachricht des frischesten Spiels der aktuellen Saison ist: Mahomes hat seine Stand-Probleme gelöst und hat wieder deutlich akkurater den Ball angebracht. Das war beeindruckend und zeigt mal wieder, wie schnell er an seinen grundsätzlichen Wurftechnik-Themen arbeiten kann und diese löst. Da ist Mahomes ein echter Zauberer. Schneller kann keiner in der NFL sowas angehen. Teilweise ändert sich da in der zweiten Halbzeit schon etwas bei ihm.
Aber es gab neue Probleme für Mahomes. Im Spiel gegen die Chargers hat der Gegner ihn vor neue Herausforderungen gestellt, die ihn nicht gut aussehen lassen: Der frühere Guard der Chiefs, Mitchell Schwartz, hat sich auf X.com mal alle Passing-Snaps der ersten Halbzeit gegen die Chargers angeschaut und sehr schnell ist erkennbar, was das Thema ist. Der Passrush aus LA hat mit überraschenden Angriff auf die Interior Line (Guards und Center) Druck gemacht und dann jeweils mindestens einen Edge Rusher über außen kommen lassen.
Das führte dazu, dass die Interior Line oft ein paar Schritte nach hinten gehen musste und Mahomes gefühlt unter Druck setzt. Aus dem Augenwinkel sah der Quarterback außerdem, dass von außen etwas kommt und entscheidet sich so die Beine in die Hand zu nehmen oder sich zumindest anders zu positionieren. Dadurch kann er die Reads der verschiedenen Spieler nicht wahrnehmen und verpasst offene Spieler.
Auch in diesem Spiel: Wenn die Pocket clean war und Mahomes eine ruhige Situation bekam, hat er außer bei der frühen Interception Darts zu den Receivern gefeuert. Meist landete der Ball genau da, wo er hin musste. Das war wirklich gut. Aber: Sobald er sich bewegte, ist meist wenig passiert und er hat den Ball oft wegwerfen müssen.
Wieso haben die Chiefs trotzdem gewonnen?
Das ist vielleicht die beeindruckendste Wahrheit, wenn man sich die Plays anguckt. Sobald es wirklich auf Mahomes ankommt, damit die Chiefs das Spiel gewinnen und er sich nicht auf die Defense verlassen kann, wie im letzten Drive gegen die Bengals oder aus der eigenen Endzone, liefert Mahomes. Er hat dann plötzlich keine Angst mehr und nimmt Tackles in Kauf, um den Ball perfekt zu bewegen.
Genau das ist ein Grund, wieso die Chiefs aktuell 4-0 stehen und noch kein Spiel verloren haben: Wenn es darauf ankommt, ist Mahomes ein MVP-Quarterback. Wenn er das nur etwas mehr auch über das ganze Spiel abliefert, braucht Marius deutlich weniger Beruhigungstee und wir haben einige graue Haare weniger. Dafür müssen die Chiefs die O-Line-Situation stabilisieren, den WR-Raum etwas aufstocken und es muss Vertrauen zwischen Mahomes und den Passempfängern entstehen.
Außerdem brauchen wir weiterhin starke Running-Back-Leistungen, damit der Gegner sich weiter nicht nur auf das Passspiel konzentrieren kann. Aber da bin ich mit Kareem Hunt und einer zeitigen Rückkehr von Isiah Pacheco sehr entspannt.
Erstmal super Artikel. Ich denke auch dass die Gegner befreite aufspielen können und dadurch eventuell lockerer sind weil nach den letzten Jahren die Chiefs mit Mahomes immer die Favoriten sind. Und das macht das natürlich auch schwieriger. Aber auch die Analyse von dir passt zu 100%. Aber auch was haben wir gelernt. Der Anfang ist oft etwas holprig aber zum Schluss besonders in der Playoffs wird aufgedreht.
Klingt erstmal gut, aber das steckt bestimmt auch Mental was dahinter.
Auf MVP Niveau spielt er auf alle Fälle nicht und auch wenn wir 4 zu 0 stehen und uns verlassen können, da geht noch mehr und das muss ein OC auch abrufen können. Da wären wir bei dem nächsten Problem, dass steht aber außerhalb des Feldes. Gebt Ihm genug Zeit weniger Druck und lasst die Spielzüge nicht zu kompliziert werden. Den Rest legt sich Mahomes zurecht.
GO CHIEFS!