Broncos-Preview: Das wichtigste Spiel des Jahres?

Im Duell mit den Broncos geht es für die Chiefs um nicht weniger als den potentiellen Divisionsieg. Mit einer Niederlage ist dieser wohl außerhalb der Reichweite. Aber wie gut stehen die Chancen?

Es gab mal eine Zeit, da war Patrick Mahomes gegen die Broncos unschlagbar. Bis zum 29. Oktober 2023 hatte er die ersten 12 Spiele seiner Karriere gegen den Divisionrivalen gewonnen. Das inkludiert seinen ersten Start in der NFL zum Ende seiner Rookie-Saison, als er allen Chiefs-Fans Hoffnung gab, dass der neue Franchise-QB im Team ist. Damals zeigte er mit meist Reserve-Receivern im irrelevanten letzten Spiel der Saison, dass er es wirklich drauf hat. Na, wer erinnert sich noch?

Doch die Statistik von Mahomes gegen die Broncos täuscht etwas. Viele der Begegnungen gegen das Team aus Colorado waren hauchdünn. Am Ende mit etwas Glück, der Klasse von Mahomes, Kelce oder einem entscheidenden FG-Block von Leo Chenal im letzten echten Duell. Die Chiefs hatten immer wieder massive Schwierigkeiten mit der Defense der Broncos, die z.B. mit dem jetzigen Defensive Coordinator der Philadelphia Eagles, Vic Fangio, Andy Reid und Mahomes über Jahre geärgert haben.

Die Dominanz der Chiefs ist vorbei

Aber am Ende fanden die Chiefs immer wieder Möglichkeiten die Broncos zu stoppen – die mit den Jahren den Glauben an Siege gegen die Chiefs und Mahomes verloren hatten. Doch der Streak ist vor zwei Jahren zu Ende gegangen und in dieser Saison sind die Broncos extrem gut in knappen Spielen. Von sechs One-Score-Games gewann das Team aus Denver vier. Dabei haben sie sich offensiv selten mit Ruhm bekleckert, aber am Ende dann doch den “W” nach Hause gebracht.

Könige der Disziplin “Knappe Spiele gewinnen” waren im letzten Jahr unsere Chiefs. 11x schafften sie es mit maximal acht Punkten Vorsprung zu gewinnen und verloren keines dieser Spiele. Dieses Jahr ist alles anderes: Alle vier One-Score-Games gingen verloren – in der Crunchtime geht es leider aktuell immer schief.

Das wichtigste Spiel der Regular Season?

Während die Broncos durch diese vielen knappen Spiele bei 8:2 stehen, ist der Record der Chiefs mit 5:4 deutlich schwächer als die zwischenzeitlichen Leistungen. Die Niederlage gegen die Bills vor der Bye-Week war bitter, aber noch viel schlimmer waren die Punktverluste gegen die die Chargers, Eagles und Jaguars. Alles machbar, alles unnötig.

Damit der neunjährige Divisionsieg-Streak nicht bricht, brauchen die Chiefs einen Sieg in Colorado. Mit einem Erfolg stehen die Broncos bei einer Wahrscheinlichkeit von 70 Prozent auf den Gewinn, die Chiefs müssen dann in den nächsten Wochen um den Playoffeinzug zittern und können sich praktisch keinen Ausrutscher mehr leisten.

Anders sieht es aus, wenn die Chiefs gewinnen. Dann sind die Broncos nur noch ein Spiel entfernt mit einem weiteren Duell im Arrowhead Stadium am Ende der Saison. Außerdem sind die internen Divisionduelle doppelt wichtig. Durch die ärgerliche Niederlage gegen die Chargers in Brasilien brauchen wir Siege gegen unsere Rivalen, damit wir vor dem Team aus Los Angeles und eben Denver bleiben.

Kansas City Chiefs

• Out: RB Isiah Pacheco (Knie)

Die Chiefs sind weiterhin sehr gesund. Während der Woche laborierte George Karlaftis an einer Daumenverletzung, ansonsten wäre er während der Bye-Week übrigens möglicherweise in Berlin im Chiefs House gewesen. Aber Gesundheit geht vor. Scheinbar ist er pünktlich zum Wochenende aber wieder fit und konnte am Freitag wieder komplett mittrainieren. Auch Xavier Worthy fiel am Anfang der Woche mit einer Knöchelverletzung aus - aber ist schon seit Donnerstag wieder auf dem Feld und bereit für die Broncos. Wichtig!

Auch die Offensive Line, die gegen die Bills richtig geschwächt war, ist für die Broncos fit geworden. Unser Rookie-Erstrundenpick Josh Simmons übernimmt wieder auf Left Tackle und hat die gesamte Woche mittrainiert, Jawaan Taylor hat seine Knöchelprobleme in den Griff bekommen und auch Trey Smith ist im Training nicht mehr durch seine Rückenprobleme limitiert gewesen. So rückt Jaylon Moore wieder aus dem Lineup und ist bereit bei einem Ausfall direkt wieder dabei zu sein. Optimal!

Denver Broncos

• Out: TE Nate Adkins (Knie)

• Out: RB J.K. Dobbins (Knöchel)

• Out: LB Jonah Elliss (Oberschenkel)

• Out: LB Alex Singleton (Krankheit)

• Out: CB Pat Surtain (Brustmuskel)

• Questionable: LB Garrett Wallow (Oberschenkel)

Ganz anders sieht die Injury-Front bei den Broncos aus. Der letztjährige “Defensive Player of the Year” Pat Surtain fällt auch in dieser Woche aus, sollte aber bis Ende November zurückkehren. Der Ausfall ist eine unglaublich gute Nachricht für Rashee Rice, der damit nicht mit einem Topstar als Gegenüber gedeckt werden kann und so vielleicht sogar öfter gedoppelt werden muss, was Raum für andere Receiver wie Hollywood Brown, Xavier Worthy oder Travis Kelce ermöglicht.

Aber auch der Starting-Runningback J.K. Dobbins wird so schnell nicht mehr auf den Platz zurückkehren und wurde schon auf die IR-Liste gesetzt - Gerüchten zufolge wird er nur zurückkommen, wenn die Broncos es in den Super Bowl schaffen. Damit zu rechnen ist ziemlich optimistisch. Daher wird Rookie R.J. Harvey (die Broncos mögen scheinbar Runningbacks mit abgekürzten Doppelnamen) die Workload neben QB Bo Nix übernehmen – bisher hat er eher enttäuscht, weil vor der Saison viele ihn direkt als Starter erwartet haben.

Ein weiterer Starter der fehlt ist Linebacker Alex Singleton. Er wird von Justin Strnad und Dre Greenlaw vertreten, die beide jeweils eine gute Saison spielen – damit ist die Position für die Broncos aber wirklich dünn besetzt. Ein weiterer Ausfall wäre nicht gleichwertig zu ersetzen und würde gerade die Mitte des Feldes aufmachen und die Run-Defense schwächen. Bei langen Drives wird es wahrscheinlich für die beiden trotzdem spürbar.

Kommt der Passrush der Broncos durch?

Die größte Frage des Tages dreht sich um den Passrush der Broncos. Der ist ehrlicherweise historisch gut. Mit aktuell 46 Sacks sind sie auf dem Weg eine neue Bestmarke aller Zeiten aufzustellen und die 72 Sacks der Chicago Bears aus 1985 zu überbieten. Nik Bonitto hat 9,5 Sacks, Jonathan Cooper 7,5 Sacks, Zach Allen 6 und John Franklin-Myers 4,5. Bei den Chiefs kann nur George Karlaftis mit 5 Sacks einigermaßen mithalten. Die 20 Team-Sacks der Chiefs sind nicht mal halb so viele wie die dir Broncos.

Doch Denver führt nicht nur bei Sacks, sondern mit 42,9 Prozent auch bei Pressure-Rate die Liga an und das ist ein riesiges Problem: Denn wenn Mahomes unter 25 Prozent Pressure bekommt, stehen die Chiefs 4:1 und er hat über 71,8 Prozent seiner Pässe für 14 Touchdowns angebracht. Wenn die Pressure Rate über 25 Prozent ist, haben die Chiefs nur ein Spiel gewonnen und vier verloren - Mahomes steht dabei bei einer Completion Rate von 55,4 Prozent und drei Touchdowns bei zwei Interceptions. Gar nicht gut!

Es kommt also sehr darauf an, wie unsere O-Line mit dem Druck der Broncos-Defense klar kommt. Ganz aufhalten werden sie ihn wahrscheinlich nicht. Wenn am Ende null Sacks auf dem Statistikboard stehen würden, bin ich fest überzeugt, dass es ein klarer Sieg der Chiefs wird - realistisch ist das aber leider nicht. Daher geht es darum den Ball schnell loszuwerden.

Wir werden also heute mal wieder lernen, wie gut Josh Simmons nach seiner Auszeit ist und ob z.B. Kingsley Suamataia wirklich schon auf einem hohen Niveau angekommen ist oder doch noch so seine Probleme hat. Und gucken wir mal, wie die gelben Flaggen bei Jawaan Taylor heute geworfen werden. Ein echter Test für diese Unit, die einen guten Blick darauf gibt, wie die Saison weiter verlaufen wird. Daumen sind gedrückt!

Wie erwartbar ist die Chiefs-Offense?

Seit Jahren weiß man bei den Chiefs eigentlich immer, dass in entscheidenden Momenten der Ball von Mahomes geworfen wird. Das ist ein brutaler Nachteil, weil die Teams sich darauf einstellen können, mehr Verteidiger auf die Receiver der Chiefs setzen und die Box vorne etwas leichter gestalten. Daher brauchen wir einen effektiven Run, echte Run-Pass-Options und etwas mehr Kopfschmerzen bei den gegnerischen Koordinatoren.

Daa hätten wir uns mit Breece Hall von den Jets erkaufen können, aber auch mit Kareem Hunt, Brashard Smith und Elijah Mitchell geht mehr. Mitchell wird vorraussichtlich gegen die Broncos zum ersten Mal im Kader stehen und seine Chance bekommen. Konkurrent Clyde Edwards-Helaire ist im Gegensatz zum Bills-Match nicht aus dem Practice Squad hochgezogen worden.

Wenn wir mehr Zweifel an einem Passversuch streuen, wird es für alle einfacher. Dafür muss Mahomes auch mehr “under Center” den Ball annehmen und damit ein schnelles Run-Play ermöglichen. Das hat statistisch übrigens in den letzten Spielen wirklich gut funktioniert und gerade Kareem Hunt einiges an Yards ermöglicht. Go Andy!

Kann Mahomes seine Playmaker einsetzen?

Mit Travis Kelce, JuJu Smith-Schuster, Hollywood Brown, Rashee Rice und Xavier Worthy haben die Chiefs eine Menge an Qualität auf der Receiver-Position. Diese müssen sie gegen die Broncos auch endlich mal wieder in Szene setzen. Dabei wäre es gut, wenn wir die Spieler in Situationen bringen, die ihnen liegen.

Ein Xavier Worthy ist nicht optimal, wenn er als Gadget-Spieler an der Line of Scrimmage eingesetzt wird, ein Rashee Rice ist ein Yards-after-Catch-Monster und Travis Kelce in der Mitte des Feldes ein Raumfinder. Gegen die Bills haben wir diese Stärken nicht immer genutzt und auch einen Tyquan Thornton nur als Returner eingesetzt. Dabei hat er am Anfang der Saison das Feld unglaublich lang gemacht und damit große Plays ermöglicht und anderen Raum geschenkt. Wieso also darauf verzichten?

Wie schlecht ist die Broncos Offense um Bo Nix?

Alle sprechen über die Denver-Defense, die Offensive um Bo Nix war z.B. gegen die Raiders überhaupt nicht existent und hatte viele Schwierigkeiten den Ball über das Feld zu verteilen. Aber: Es gab in den letzten 1,5 Jahren einige Spiel wo Coach Sean Payton Bo Nix wie einen Superstar aussehen ließ. Was können die Chiefs also erwarten?

Für die Broncos ist es dieses Jahr entscheidend, dass sie das Run-Game etablieren und so bei Late-Downs nur kurze Strecken zu überwinden haben. Das war die Aufgabe von Runningback J.K. Dobbins, der das teilweise überragend gemacht hat. Wenn die Chiefs es aber schaffen bei First und Second Downs das Run-Game ineffektiv zu machen und Ersatz-RB Harvey früh zu stoppen, dann muss Bo Nix mehr Risiko gehen und hat in der Vergangenheit dann oft Fehler gemacht.

Acht Interceptions, eine Completion Rate von nur knapp über 60 Prozent und eine Wurflänge von unter sieben Yards sprechen eine klare Sprache. Sollte das nicht gelingen, kommt es sehr stark auf die Linebacker an, damit diese kurzen Pässe nicht klappen und einfache First Downs verhindern. Das wird schon!

Kann die Chiefs-Defense die Mitte endlich schließen?

Die größte Schwäche der Chiefs in der Defense ist die Mitte des Feldes. Das ist nichts wirklich neues und hat mit den Linebacker-Typen zu tun, die Spags gerne auf dem Feld hat. Eher Tackle-stark, weniger Coverage-Qualitäten und damit perfekt für den Run, aber nicht ganz so gut gegen Tight Ends, die den Ball fangen. Genau das haben die Bills brutal ausgenutzt.

Daher wird es um so wichtiger, dass nicht nur drei Linebacker auf dem Feld stehen, sondern ein weiterer Cornerback dafür sorgt, dass die großen Receiver der Broncos zu keinen einfachen Pässen kommen. Vielleicht wäre heute ein guter Moment, um neben Nohl Williams auch Kristian Fulton in den Kader zu nehmen.

Eine Verbesserung der Feldmitte wird nicht nur gegen die Broncos, sondern im gesamten Verlauf der Saison entscheidend sein. Also gerne heute mal mit etwas mehr Nickel-Coverage anfangen und so für wenig mittellange Pässe sorgen.

Ich rechne mit einer eher defensiv geprägten Partie, wo der Passrush der Broncos Mahomes wirklich ärgern wird und auf der anderen Seite die Broncos sich schwer tun werden, ihr Run-Game zu etablieren. Eine frühe Führung der Chiefs wäre toll, damit die Broncos mehr Risiko gehen müssen und vielleicht Fehler machen. Aber das ist ein wirklich Wunschtraum.

Daher denke ich, dass die Chiefs mit zwei Touchdowns und zwei Field Goals mit 20-10 gewinnen – auf gar keinen Fall würden meine Nerven aushalten, dass ein Field Goal (bzw. ein geblocktes) über Sieg oder Niederlage entscheiden. Oder?