Colts-Preview: Platzt der Knoten gegen Indy?
Die Chiefs sind nicht schlecht, sondern in den entscheidenden Momenten glücklos. Das hat natürlich Gründe, aber auch die erklären die schwache Saison nur teilweise. Gibt es gegen die Colts die Wende?
Ich habe diese Woche einigen Blödsinn über die Chiefs gelesen. Fast alle Coaches sollten gefeuert werden, Mahomes ist washed und vertraut Andy Reid nicht mehr, die O-Line wäre noch schlimmer als letztes Jahr und Chris Jones sollte am besten sofort seine Karriere beenden. Es ist im Football wie überall, wenn es um Emotionen geht: Die direkten Reaktionen sind meist viel zu stark und nicht ansatzweise objektiv. Daher bin ich auch ganz glücklich, dass wir den Podcast immer erst mit etwas Abstand aufnehmen und nicht direkt nach dem Spiel. Habt ihr schon reingehört?
Eine Sache, die ich aber relativ oft gelesen hab, war: Es wäre doch mal ganz gut die Playoffs zu verpassen, weil wir dann mal wieder früh einen echten Starspieler im Draft verpflichten könnten und so den Kader auffrischen könnten. Wie seht ihr das?
Ich glaube, dass die Chiefs in den Playoffs – egal auf welchem Seed – in der Lage sind ganz weit zu kommen. Sie haben die Erfahrung, die Top-Stars und das Coaching, um in den vier Spielen in der KO-Runde jedes der Team zu schlagen. Gerade wenn man bedenkt, dass die Top3-Teams der AFC aktuell die New England Patriots, Denver Broncos und Indianapolis Colts sind, die alle unerfahrene Quarterbacks haben, die noch nie in wirklich großen Spielen in der NFL standen.
Das würde Stand heute auch bedeuten, dass wir as #7-Seed in der AFC in der Wildcard-Round gegen die Patriots spielen müssten – die spielen stark auf, ich würde uns da aber mit einer richtig guten Chance sehen. In der Folgerunde würden dann die Broncos (aktuell #1-Seed) warten. Wenn wir dort gewinnen, geht es im AFC Championship Game gegen die Colts, Steelers, Chargers oder Bills. Macht mir auch alles keine Angst.
Ich hab schon jetzt Lust auf solche Playoffs – mit wenig Erwartungen die ganze Runde mal wieder von hinten aufzurollen. Das klingt nach Spaß! Aber erstmal müssen wir dahin kommen. Also lass uns auf das Matchup am Sonntag gucken:
Kansas City Chiefs
Out: RB Isiah Pacheco (Knie)
Questionable: OG Kingsley Suamataia (Gehirnerschütterung)
Questionable: WR Xavier Worthy (Knöchel)
Obwohl Pacheco in dieser Woche wieder auf dem Trainingsplatz gestanden hat, wird er am Wochenende noch nicht im Kader sein. Das Spiel kommt noch zu früh und er konnte auch nur mit einer “Knee Brace” mittrainieren. Die Chiefs wollen eine weitere Verletzung verhindern und bauen unsere Running Back langsam und vorsichtig wieder auf.
Besser sieht es bei Kingsley Suamataia aus, der nach einem Sturz im Spiel gegen die Broncos mit einer Gehirnerschütterung bis Donnerstag überhaupt nicht auf dem Platz war und dann am Seitenrand dabei war. Erst am Freitag konnte er dann wieder mitmachen und es steht jetzt für Sonntag die letzte Freigabe der Ärzte aus dem Concussion Protocol der Liga aus, die entscheidet, ob er dabei ist oder von Mike Caliendo ersetzt wird.
Xavier Worthy hingegen hat sich im Training am Knöchel verletzt und musste zeitweise aussetzen. Am Freitag war er im Training aber wieder komplett dabei und sollte auch am Sonntag auf dem Platz stehen. Da er aber mit einem “Questionable” in den Spieltag geht, scheint noch nicht alles wieder bei 100 Prozent sein und es könnte sein, dass er weniger auf dem Feld steht als normalerweise.
Indianapolis Colts
Out: LB Jaylon Carlies (Knöchel)
Questionable: DE Tyquan Lewis (Leiste)
Questionable: CB Charvarius Ward (Gehirnerschütterung)
Während der Ausfall von Carlies und die Fragezeichen bei Lewis zu vernachlässigen sind, wird Ex-Chief Charvarius Ward voraussichtlich spielen, nachdem er mehrere Wochen wegen einer Gehirnerschütterung ausgefallen ist. Er hat die ganze Woche voll trainiert und muss, ähnlich wie Suamataia, die letzte Freigabe aus dem Protocol bekommen.
Damit sind die Colts eigentlich top fit vor dem Match mit dem Chiefs – nur Passrusher DeForest Buckner ist auf der Injury Reserve und QB Daniel Jones laborierte während der Woche an einer Wadenverletzung, war aber Freitag wieder vollständig auf dem Platz. Aber es könnte gut sein, dass er angeschlagen ins Spiel geht und nicht so mobil ist wie gewohnt. Ein kleiner Vorteil für die Chiefs-Defense möglicherweise.
Ansonsten ist es das erste Mal, dass Colts-Fans ihre Defense in voller Stärke sehen: Nach dem Trade für CB Sauce Gardner sind jetzt auch CB Charvarius Ward und DE Samson Ebukam zurück, der neben DE Kwity Paye und Laiatu Latu Mahomes jagen wird. Auf Safety sind Cam Bynum und Nick Cross topfit und auch die beiden Defensive Tackle Grover Stewart und Neville Gallimore sind bei voller Stärke. Beängstigend.
Wie gut liest Lou Anorumo noch die Chiefs-Offense?
Lou Anorumo – den Namen verbinde ich immer mit einer der bittersten Niederlagen in der Chiefs-Historie. Nach dem 13-Sekunden-Wunder gegen die Bills standen nur noch die Bengals zwischen den Chiefs und dem dritten Super Bowl in Folge. Und nach der ersten Halbzeit sah alles nach einem relativ entspannten Sieg aus - bis es zum verpassten Score bei auslaufender Uhr kam und sich Mahomes und OC Eric Bienemy in die Haare bekam.
In der zweiten Halbzeit wurden Mahomes und die Chiefs dann taktisch von Anorumos Defense auseinander genommen. Mit zwei tiefen Safeties, nur drei Passrushern und starker Coverage war nicht viel zu holen und sowohl Tyreek Hill als auch Travis Kelce als Playmaker wurden ausgeschaltet. Ganz bitter! Am Ende entschied ein Field Goal in der Overtime, dass die Bengals gegen die Rams in LA um den Titel spielen sollten.
In den Folgejahren hatte Anorumo sehr stark mit dem schwachen Kader und vielen Verletzungen bei den Bengals zu kämpfen. Die Chiefs konnte er aber immer gut unter Druck setzen. Als Bauernopfer für Headcoach Zac Taylor wurde er vom Hof gejagt und macht jetzt die Colts-Defense zu einer rentablen Unit. Mit Cornerback-Superstar Sauce Gardner hat er vielleicht das letzte Puzzlestück zu einer Elite-Defense bekommen.
Die Colts sind #5 in Turnover, #6 in Pressure, #7 in Sacks, #9 im gegnerischen QB-Raing, #9 in Punkte pro Spiel und #8 in Scores pro Drive – der Großteil ohne ihren neuen Superstar im Defensive Backfield, der in Berlin zum ersten Mal in blau auf dem Platz stand. Dort hatte Drake London keine Probleme gegen den Neuzugang, der ohne Haushalt vor dem Spiel nach Indy gereist war und einige seiner Mitspieler noch im Olympiastadion kennenlernte.
Lou Anorumo ist extrem stark darin während des Spiels seinen Gameplan anzupassen und gerade in der zweiten Halbzeit wenig zuzulassen. Er hat Mahomes immer wieder zu Schachspielen gezwungen, in dem er ungewöhnliche Coverages mit fast keinem Passrush und nur drei Spielern vorne, die verhinderten das der QB selbst läuft, irritiert. Auch in diesem Spiel wird er wieder mit überraschenden Spielzügen Chaos stiften.
Was ihm entgegenkommt: Die Chiefs sind unglaublich schlecht gegen Man-Coverage. Während Mahomes mit Rashee Rice, Xavier Worthy, Travis Kelce & Hollywood Brown Spieler hat, die spielintelligent verstehen, wo Räume entstehen und Andy Reid diese Räume durch seine Calls auch öffnet, braucht es gegen Manndeckung Spieler, die es schaffen dem Verteidiger ein paar Schritte zu entfliehen. Das klappt bei den Chiefs leider aktuell nur gar nicht. Am ehesten sind es noch JuJu Smith-Schuster oder Tyquan Thornton, die Seperation schaffen.
Was denkt sich Anorumo dazu aus? Wir werden es Sonntag sehen!
Können die Chiefs Jonathan Taylor stoppen?
Wir waren alle Zeuge am TV oder im Olympiastadion, wie dominant RB Jonathan Taylor aktuell ist. Die Chiefs müssen es schaffen den besten Rusher der Saison in seine Schranken zu weisen und damit ihn nicht das Matchup dominieren lassen. Das wissen prinzipiell alle Gegner der Colts und trotzdem ist es sehr schwer.
Das liegt auf der einen Seite an der dominanten Offensive Line mit dem Österreicher Bernhard Raiman, die dafür sorgen, dass Taylor den Raum bekommt, um auf Speed zu kommen und die erste Defensivreihe zu knacken, auf der anderen Seite aber auch an Taylor selbst, der aktuell schon 1.139 Rushing Yards und 15 Rushing-TDs auf seinem Konto hat.
Er hat schon 48 Missed-Tackles erzeugt und absurde 891 Yards after Contact produziert. Er rennt also einfach durch Verteidiger und lässt sich nur schwerlich tacklen. Eine Mammutaufgabe für unsere Linebacker um Drue Tranquill und Nick Bolton.
In den beiden Niederlagen der Colts wurde Taylor zu “nur” knapp 60 Yards im Durchschnitt gehalten und auf 3,9 Yards pro Carry. Eigentlich ist das sogar eine Spezialität der Chiefs, die bisher nur einen 100-Yard-Rusher zugelassen haben und stark darin sind Running Backs an der Line of Scrimmage zu stoppen.
Das wird wichtig werden!
Setzen wir Daniel Jones unter Druck?
Neben der dominanten Saison von Jonathan Taylor kommt es auch auf Daniel Jones an, der vor der Saison als NFL-Bust gehandelt worden ist und auf fantastische Weise den Medien und Fans beweist, dass er das Kaliber hat, um in der NFL erfolgreich zu sein. Und wie: Jones führt die Liga in Yards per Game (265,9 Yards) an und ist bei 3rd Downs der zweitbeste QB. Seine Lieblingswaffen sind Michael Pittman, Alec Pierce und Rookie-TE Tyler Warren – alle haben schon über 550 Receiving Yards.
Daniel Jones ist ein anderer QB, wenn er massiv unter Druck gerät: In den vier Spieler in der Saison, wo er weniger als 30% Pressure-Rate bekommen hat, haben die Colts alle Spiele gewonnen, Jones sieben Touchdowns geworfen und keine einzige Interception – perfekt! Wenn er aber mehr als 30% Pressure-Rate spürt, sieht es ganz anders aus: Die Colts haben zwar weiterhin vier der sechs Spiele gewonnen, aber Jones hat nur acht TDs geworfen bei sieben Interceptions. Druck auf den QB ist essentiell, um das Spiel zu gewinnen!
Gut zu sehen ist das auch in den letzten beiden Spielen: Daniel Jones hat vier Interceptions geworfen und den Ball sechs Mal gefumbled und drei Mal verloren. Das ist ein direkter Auftrag für George Karlaftis, Chris Jones und alle Verteidiger.
Wie groß ist unser Heimvorteil im Arrowhead Stadium?
Die Chiefs stehen zwar bei fünf Siegen und fünf Niederlagen, aber zuhause sind sie mit 4-1 noch gewohnt dominant. Nur gegen die Eagles gab es eine ärgerliche, knappe Niederlage – Teams wie die Ravens, Lions oder Commanders wurden souverän geschlagen.
Wir können davon ausgehen, dass auch das Spiel gegen die Colts wieder bis zum Ende knapp wird. Das liegt primär an den wenigen Drives, die die Chiefs pro Spiel auf das Feld bringen. Dadurch dass wir mit kurzen Pässen agieren, brauchen die Chiefs im Ligavergleich am meisten Zeit für einen Drive und sind daher auch bei den wenigsten Offensiv-Drives im Vergleich. Das sorgt für weniger Möglichkeiten zu scoren und knappe Matches. Daran wird sich so schnell nichts ändern.
Daher ist es gerade wichtig, dass die Fans im Stadion es dem Gegner in entscheidenden Momenten – besonders im vierten Viertel in dumme Fehler zwingen. Fehlende Kommunikation, verbunden mit Druck und Stress, sorgt für ungünstige Flaggen, falsche Routen und weniger Erfolg. Das haben wir immer wieder gesehen und dieser Heimvorteil kann im Laufe der Restsaison zu einem richtigen Pfund für die Chiefs werden. Das müssen auch die Colts spüren. Das sollte sich anfühlen wie ein Playoff-Match.
Diese Woche wäre ein guter Zeitpunkt für einen neuen Lautstärke-Rekord. :)
Sind die Playoff-Hoffnungen mit einer Niederlage vorbei?
Ich bin ganz ehrlich: Ich bin noch nicht überzeugt davon, dass wir das Spiel gewinnen und hab mir daher die restliche Saison genau angeschaut. Ich bin zuversichtlich, dass die Chiefs alle weiteren Spiele in dieser Spielzeit für sich entscheiden können – nur die Colts um Jonathan Taylor und Defensiv-Guru Lou Anorumo liegen ihnen nicht so richtig gut. Daher ist eine Niederlage im Bereich des möglichen.
Aber: Das bedeutet nicht, dass die Saison vorbei ist. Der “Margin of Error” ist danach nur verdammt gering. Er liegt eigentlich bei 0 Prozent. Wir müssen dann alle weiteren sechs Spiele gewinnen und die Saison mit 11-6 beenden, um noch einigermaßen sicher in den Playoffs zu stehen. Weil wir die direkten Duelle gegen die Jaguars, Chargers, Bills, Broncos und dann auch Colts verloren hätten, wären wir bei einem 10-7 darauf angewiesen, dass diese Teams nicht den gleichen Score haben – und das ist dann fast unmöglich.
Es wäre also viel einfacher, wenn wir die Colts mit einem “L auf der Stirn” nach Hause schicken würden – es wird aber alles andere als einfach.
Ihr vermutet es schon: Nachdem ich bisher immer zuversichtlich war, denke ich aktuell, dass die Colts zu gut drauf sind und mit Taylor die perfekte Waffe gegen uns haben. Ich glaube, dass es einige Missed Tackles geben wird und 2-3 Touchdowns vom Running Back der Colts. Am Ende verlieren wir denkbar knapp mit 24-27.
Insgeheim hoffe ich natürlich auf ein anderes Ergebnis, aber vielleicht bringt etwas Pessimismus ja etwas mehr Glück als die volle Zuversicht! Wir werden es sehen!
Kommentiert doch bitte, wie ihr glaubt, dass das Spiel ausgeht!
GO CHIEFS!







