Legends of Arrowhead: Tony Gonzalez
Wir stellen den wohl besten Tight End der NFL vor – bis Travis Kelce kam. Tony Gonzalez hat die Position verändert und mich zum Chiefs-Fan gemacht.
Ich weiß nicht, ob ich heute diesen Newsletter oder Podcast machen würde, wenn es nicht Tony Gonzalez geben würde. 2001/02 war ich in den USA an der Highschool und zufälligerweise hat es mich in die Kleinstadt Wichita in den Sunflower-State Kansas verschlagen. Knapp 300 Kilometer entfernt von Kansas City – der Heimat der Chiefs. Was in Deutschland keine Nähe verspricht, ist in den USA ein Katzensprung. Wirklich zum Fan hat mich aber der riesige Receiver der Chiefs gemacht, der in einem unterdurchschnittlichen Team herausragte: Tony Gonzalez – Tight End und ein echter Superstar.
Daher ist es keine Überraschung, dass wir uns den Ausnahmeathleten der 2000er Jahre in der aktuellen Folge "Legends of Arrowhead” mal genauer anschauen. Hier könnt ihr den Podcast zu TONY G anhören:
Die Kindheit von Tony Gonzalez
Tony wurde am 27. Februar 1976 in Torrance, California als Sohn von Judith „Judy“ Smith und Joseph Felix Gonzalez geboren. Seine Mutter hat ihn aufgezogen und musste zwei Jobs machen, um die Familie zu ernähren. Der leibliche Vater spielte in der Kindheit kein Rolle.
Er hatte einen älteren Bruder Chris, der ihm mit fünf Jahren das Leben gerettet hatte. Beide liefen auf die Straße und ein Auto näherte sich ihnen. Geistesgegenwärtig warf sein Bruder ihn aus dem Weg, wurde aber selbst vom Auto erfasst. Durch den Unfall war er aber nicht in der Lage sich sportlich so gut zu entwickeln wie sein Bruder. Am Ende kam er nur aufs Community College und spielte dort Football. Chris wurde später Feuerwehrmann.
Sein Stiefvater Michael „Pop“ Saltzman wurde der Mentor von Tony und sein Vorbild. Er war der Vater, den er früh in seinem Leben nicht hatte und er kommunizierte eigentlich durchgängig mit ihm. Gerade nach Spielen rief er ihn direkt an.
Tony Gonzalez an der High School und im College
In der High School (Huntington High School) spielte Gonzalez nicht nur Tight End, sondern auch Linebacker und dominierte auf beiden Seiten des Balles - besonders ist es aber auch, weil er gleichzeitig als Power Forward auch der Star des Basketball-Teams war.
Aber so einfach war es nicht immer: Noch in der Middle School wollte er gar nicht Sport machen, sondern wurde von einem Mitschüler gemobbt und zog sich zurück. Er verpasste Unterricht und stand kurz vor dem Rauswurf. Seine Eltern wollten, dass er Sport macht und meldeten ihn in einer Football-Mannschaft an, wo sie 180 US-Dollar bezahlten und damit eine Garantie hatten, dass jeder Spieler mindestens sechs Mal auf dem Feld steht. Tony war meist nur genau diese sechs Plays dabei, weil er nicht wollte und dementsprechend schlecht war.
Erst als er sich am Tag einer Feier versteckte und seine Familie ihn suchte und sich erschreckte, weil er sich vor seinem Bully versteckte, änderte er etwas: Er wollte nicht mehr das Opfer sein - auch wenn das schmerzhaft sein könnte. Den Mitspieler konfrontierte er und wehrte sich. Das sorgte für Selbstbewusstsein bei Tony und einige Jahre später traf er ihn bei einem Highschool-Dance wieder und bedankte sich bei ihm. Nur durch diesen Kampf war er stärker geworden und im Sport deutlich erfolgreicher.
In seinem letzten Jahr in der Highschool führte er die Huntington Oilers zu einer 13-0-Saison und der ersten Niederlage erst im Division-Titelspiel. Insgesamt sorgte er für 63 Matches, 945 Yards und 13 Touchdowns. Und er war Leading Tackler als Linebacker in der Defensive.
Im Frühjahr spielte er dann Basketball und war noch besser. Nach der Saison sagte er den lokalen Medien, dass er sich im ersten Jahr im College auf Basketball konzentrieren würde, weil er da bessere Chancen sah als Profi durchzukommen. Er hatte einen Durchschnitt von 26 Punkten pro Spiel und spielte gegen spätere NBA-Profis wie Stephon Marbury, Jerry Stackhouse and Shareef Abdur-Rahim.
Er hatte Angebote von Notre Dame, Florida State und vielen weiteren Colleges und commitete sich zuerst für Arizona University - aber entschied sich später für die University of California. Im College spielte er weiter beide Sportarten. In Football fokussierte er sich auf die Offense und schaffte in 3 Jahren 89 Catches für 1.302 Yards und 8 Touchdowns in 34 Spielen. Sie erreichten den Alpha Bowl.
Im Basketball hatte er im Durchschnitt 6,4 Punkte und 4,3 Rebounds in 82 Spielen und erreichte die Sweet 16 im März in seinem Junior Jahr. Sein letztes Jahr im College übersprang er, weil zu viele NFL-Scouts ihm eine rosige Karriere in der NFL versprachen.
Gedraftet von den Kansas City Chiefs
Die Chiefs erkannten früh sein Talent und wählten ihn an Position 13 im NFL Draft 1997 aus. Dafür mussten sie von 18 nach vorne traden mit den Tennessee Titans. Tony Gonzalez hatte übrigens den selben Agenten wie jetzt Mahomes: Leigh Steinberg – Vorbild für die Filmfigur Jerry Maguire. Den Draft feierten sie mit einem großen Essen - Tony G wollte Chicken-fried-Steak oder Burger King.
Zu der Zeit war die Position des Tight Ends noch ganz anders in der NFL gestaltet. Primär war der TE ein Teil der O-Line und nicht als produktiver Receiver angesehen. Und das zeigte sich dann auch in den ersten beiden Jahren in der NFL. Als Blocker war Tony Gonzalez völlig überfordert mit den Verteidigern der NFL. Auch das zweite Jahr war eine Farce: Er führte die Liga in Drops an! (13 Drops bei nur 59 Catches)
Dann kam der wichtigste Mentor für Tony Gonzalez in das Team: Warren Moon. Einer der ersten schwarzen Starting-QBs in der NFL. Er war Backup bei den Chiefs am Ende seiner Karriere, aber Gonzalez fragte ihn: Was kann ich machen, um der beste TE der Liga zu werden.
Moon trainierte dann mit ihm nach dem normalen Training: 100 Würfe bevor es unter die Dusche ging! Im Regen, in der Sonne, im Schnee! Jeden Tag, jedes Training! Außerdem Fokus auf Motivation und Mentalität und bessere Ernährung.
Das Breakout-Jahr für Gonzalez war dann 1999 mit 76 Receptions, 849 Yards und 11 Touchdowns. Davor hatten viele Experten ihn schon als „Bust“ tituliert. Von dort an war er von 1999-2008 zehn Jahr in Folge im Pro Bowl.
Ein ganz besonderes Jahr im Trikot der Chiefs war 2004: 102 Receptions waren Rekord in der Liga, 1.258 Yards ein Rekord für Tight Ends und dazu sieben Touchdowns. Dabei besonders, weil er eigentlich durchgängig in Double-Coverage war. Die Chiefs nur sieben Spiele gewannen und das Team nicht doll war.
Funny Fact: 2002 wäre Tony Gonzalez fast in die NBA gewechselt - im Sommer spielte er in der Summer League der Liga für die Miami Heat und hatte viel Spaß.
Aber: In 12 Jahren bei den Chiefs war er nur drei Mal in den Playoffs und die Chiefs meist auf Platz 4 in der Division. Gonzalez, war aber einer der besten Spieler der Liga.D ie beste Chemie hatte er mit Quarterback Trent Green, der 2001 als Rookie zu den Chiefs kam und direkt Starter wurde. Die Chemie passte über die Jahre für 426 Receptions für 5.162 Yards und 35 Touchdowns in nur 87 Spielen zusammen.
Die weiteren Quarterbacks für Gonzalez waren Elvis Grbac, Damon Hard und Tyler Thigpen bei den Chiefs. Alles andere als Topstars der Liga…
Wechsel zu den Falcons
In der zehnten Saison bei den Chiefs stand das Team bei 2-14, das Jahr zuvor bei 4-12 und Tony Gonzalez wollte seine Chance auf einen Ring bekommen, die er bei den Chiefs nicht mehr sah. Daher bittete er damals um einen Trade und wurde für einen Zweitrundenpick an die Atlanta Falcons getradet.
Dort spielte ein junger Matt Ryan mit einem talentierten Team, das als Contender galt. Bei den Falcons war er nicht ganz so stark wie zuvor bei den Chiefs, aber zeigte in der ersten Saison auch hier 867 Yards und sechs TDs.
Auch bei den Falcons kam Gonzalez in 5 Jahren 4x in den Pro Bowl, aber scheiterte am ultimativen Ziel Super Bowl. 2012 hatten die Falcons mit Gonzalez, Julia Jones, Roddy White und Michael Turner eine beeindruckende Offensive, scheiterten aber im NFC Championship Game an den 49ers.
Er ist neben Dan Marino vielleicht einer der besten Spieler ohne Super Bowl Titel
Die NFL-Karriere von Gonzalez im Überblick
In 17 Jahren und mit 37 beendete Tony Gonzalez seine Karriere mit 1.325 Receptions und 15.127 Yards als führender Tight End!
Viel wichtiger aber: Er hat die Position des Tight Ends revolutioniert. Er hat durch seine Größe von 6’6 und seine Athletik als “Matchup-Nightmare” gegnerische Defensiven vor unlösbare Aufgaben gestellt. Linebacker waren zu langsam, Cornerbacks zu klein. Teilweise war er als Slot-Receiver in der Redzone ein Cheat-Code. Das Resultat: 111 Karriere-Touchdowns und der legitime Wegbereiter für Gronk und Travis Kelce.
Aber er war auch ein sensationeller Blocker für z.B. Spieler wie Running Back Priest Holmes. Er wurde ins NFL All-Century Team der NFL gewählt als einer von 5 TEs – nur mit Gronk aus der modernen Ära. Und 2019 wurde Gonzalez in die Hall of Fame im ersten Jahr der Eligibility aufgenommen. Er ist der einzige TE, dem das bisher gelungen ist. Gronk und Kelce werden die nächsten sein.
Tony Gonzalez gilt bis heute als bester Tight End der Liga aller Zeiten. Der GOAT-TE!
Was war sein Rezept für so eine Karriere: TAKE CARE OF YOUR BODY. Ernährung first! Und auf dem Feld die richtigen Winkel lernen, wie man getroffen wird, um sich nicht zu verletzen.
Er war einer der ersten veganen Athleten in 2007, fügte dann aber Lean Meat und Fisch hinzu, um leistungsfähiger zu sein. Für ihn gilt auch heute noch: Kein Junk Food, kein Fast Food, keine Softdrinks - nicht zu viel Zucker, kein rotes Fleisch und genug Schlaf. Je älter, desto wichtig wird es. 8 Stunden Schlaf sind das Muss. Und ein flexibler Körper, daher stretchen nach dem Training. Seine Aussage: “Andere Spieler sind in den Kraftraum gegangen, ich zum Yoga.”
Die Karriere nach der Karriere
Er war Football-Analyst für CBS, Fox und jetzt bei Amazon für alle Thursday Night Football Begegnungen. Er ist ein großes Vorbild für die Latinos, weil er es geschafft hat in der NFL – vorher eher Basketball und gerade Baseball als favorisierter Sport
Er hatte eine eigene TV-Sendung beim Discovery Channel mit dem Namen “You can’t lick your elbow” - auf deutsch: „Body Tricks - Alles ist möglich“ mit spannenden Experimenten, wie man Schmerz ohne Medikamente lindern kann, Niesattacken abwendet und andere Lifehacks des Körpers. Außerdem versuchte er sich als Schauspieler in xXx, in 4 Folgen von Navy CIS und verschiedenen kleineren Filmen.
Mal wieder schön geschrieben. Im Podcast hat ein Schlingel in Minute 44 doch tatsächlich den Intro-Jingle reingeschunmelt ;)
Sehr gut.. ich will ich ehrlich sein, ich selbst hätte das nie nachgelesen oder recherchiert, finde es aber sehr gut, es jetzt gehört und gelesen zu haben!! Danke & GO CHIEFS!